LGVE 2022 II Nr. 2

Wenn die Verteidigung selber die Anwendbarkeit einer Rechtsnorm vorbringt und inhaltlich Ausführungen zur Anwendung dieser Rechtsnorm macht, kann sie sich nicht auf einen fehlenden Würdigungsvorbehalt nach Art. 344 StPO berufen, wenn das Gericht die angerufene Rechtsnorm in der Folge tatsächlich anwendet (E. 6.2.4).

Kantonsgericht Luzern 7H 21 6 vom 23. Mai 2022

Eine Initiative, die Grundeigentümer und mutmasslich Baurechtsinhaber von Mehrfamilienhäusern mit mehr als vier Parkplätzen dazu verpflichtet, Leerrohre für den Anschluss von Ladestationen für Elektrofahrzeuge zu installieren, ist mit der Eigentumsgarantie und damit mit übergeordnetem Recht nicht vereinbar (E. 7, insb. 7.4.4-7.4.5).

Kantonsgericht Luzern 7H 21 5 vom 16. Mai 2022

Fall einer ungültig erklärten Gemeindeinitiative. Anwendung des Grundsatzes «in dubio pro populo». Eine Gemeindeinitiative darf nur dann wegen Verstosses gegen das übergeordnete Recht für ungültig erklärt werden, wenn dieses klar und abschliessend eine höherrangige Regelung getroffen hat (E. 6, insb. E. 6.7).
Eine Verpflichtung der Eigentümer, bei Neu- und Umbauten ausschliesslich Heizungssysteme einzusetzen, die auf erneuerbaren Energien beruhen, ist verhältnismässig (E. 8, insb. E. 8.5.3).

Kantonsgericht Luzern 7H 21 4 vom 16. Mai 2022

Fall einer ungültig erklärten Gemeindeinitiative. Anwendung des Grundsatzes «in dubio pro populo». Eine Gemeindeinitiative darf nur dann wegen Verstosses gegen das übergeordnete Recht für ungültig erklärt werden, wenn dieses klar und abschliessend eine höherrangige Regelung getroffen hat (E. 6, insb. E. 6.7).
Eine ausnahmslose Verpflichtung der Eigentümer, ihre Heizungssysteme bis ins Jahr 2030 auf die Nutzung erneuerbarer Energien umzustellen, ist mit der Besitzstandsgarantie nicht vereinbar (E. 9, insb. E. 9.6.2-9.6.4).

LGVE 2022 IV Nr. 5

Die Praxis der Nachbesteuerung in einem «vereinfachten Verfahren», wonach die bisher nicht versteuerten Einkommens- und Vermögenswerte akkumuliert und in der letzten rechtskräftig veranlagten Steuerperiode mit einem Zuschlag von einem Zehntel nachbesteuert werden, verfügt über keine gesetzliche Grundlage und verletzt die verfassungsmässigen Grundsätze der Besteuerung.

LGVE 2022 VI Nr. 1

Volksschule. Zumutbarkeit des Schulwegs. Anspruch auf einen zumutbaren Schulweg haben auch Kinder im vorobligatorischen Kindergarten, soweit sie die Anforderungen für dessen Eintritt gemäss § 12 Abs. 2 VBG erfüllen. Gemäss diesen müssen sie insbesondere fähig sein, einen für ein reguläres Kindergartenkind ab Vollendung des 5. Altersjahrs zumutbaren Schulweg zu bewältigen (E. 4). Fussmärsche von 30 Minuten für einen Schulweg sind gemäss dem durch die Rechtsprechung herausgebildeten Grundsatz ab dem Kindergarten zumutbar, sofern keine erschwerenden Momente hinzukommen (E. 6.4). Bei einem 4- beziehungsweise 5-jährigen Kind kann nicht von der gleichen Gehgeschwindigkeit wie bei einem Erstklässler ausgegangen werden. Diese liegt zumindest tiefer als 3 km/h (E. 6.6).